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Wirtschaftlichkeit einer Himbeerüberdachung - selbst berechnen!

 

 

Uwe Michelfelder

LVWO Weinsberg

 

 

Der folgende Artikel soll eine Hilfestellung sein, wenn in einem Obstbauunternehmen die Entscheidung ansteht, eine Überdachung zu errichten oder nicht. Beispielhaft wird dies an einer Himbeerüberdachung gezeigt, der Rechenweg lässt sich aber auch auf andere Dauerkulturen übertragen.

 

  Die EXCEL- Kalkulation hier als Download

 

Die Datengrundlage

 

Zunächst muss jedem der rechnet bewusst sein, dass das Ergebnis nur so gut sein kann wie die Datengrundlage. Bei der Erhebung der Daten muss höchste Sorgfalt herrschen. Das heißt auch, dass man realistisch bleiben muss. Zu optimistisch angesetzte Preise und Erträge verfälschen das Ergebnis.

 

Für die Berechnungen werden folgende Daten benötigt:

 

 Die Erstellungskosten der Himbeeranlage

 Der Arbeitszeitbedarf für die Erstellung der Himbeeranlage unterschieden in Familien- und Saisonarbeitskräfte

 Die Erstellungskosten der Überdachung

 Die variablen Kosten für die Bewirtschaftung der Himbeeranlage im Pflanzjahr

 Die variablen Kosten für die Bewirtschaftung in den Jahren des zunehmenden Ertrags

 Die variablen Kosten für die Bewirtschaftung der Himbeeranlage in den Jahren des Vollertrags

 Die Kosten für die Rodung der Anlage am Ende der Nutzungsdauer

 Der Arbeitszeitbedarf, unterschieden in Familien- und Saisonarbeitskräfte, im Pflanzjahr, im zunehmenden Ertrag, im Vollertrag.

 Die Einnahmen - so vorhanden - im Pflanzjahr, im zunehmenden Ertrag, im Vollertrag

 Ein Zinssatz für die Berechnung der Verzinsung des eingesetzten Kapitals

 Ein Lohnansatz für die Entlohnung der Familienarbeitskräfte in €/Akh

 Die Arbeitskosten der Saisonarbeitskräfte in €/Akh

 Die Nutzungsdauer der Anlage

 

Dazu noch einige Erläuterungen zu verschiedenen Punkten der Datengrundlage.

 

Erstellungskosten der Himbeeranlage

 

Hierzu gehören alle Kosten bis die Anlage steht, das heißt die Bodenvorbereitung, die Pflanzung, die Unterstützungseinrichtungen, die Bewässerung und gegebenenfalls die Dauerbegrünung. Die Arbeitskosten der Familien- und Saisonkräfte sind ebenfalls zu berücksichtigen.

 

Erstellungskosten der Überdachung

 

Hier ist es wichtig, dass man wirklich alle Kosten erfasst. Die Vorbereitung des Geländes, die Eigenleistungen bei der Erstellung und gegebenenfalls zusätzliche Installationen durch Elektriker und weitere Handwerker dürfen nicht vergessen werden. Insbesondere die Eigenleistung wird gerne vernachlässigt. Wenn aber betriebliche Arbeitskräfte (dazu gehört der Betriebsleiter und die weiteren Familienarbeitskräfte) eingesetzt werden, entstehen Kosten. Gleiches gilt für die eigenen Maschinen.

 

Bewirtschaftungskosten

 

Im Laufe des Kulturjahres fallen verschiedene Kosten an, wie z. B. für Düngemittel, Pflanzenschutzmittel und variable Maschinenkosten. Diese sind zu berücksichtigen. Ebenso sind die Arbeitskosten für die Familien- und Saisonarbeitskräfte mit einzurechnen.

 

Rodung der Anlage

 

Hier fallen zumindest Arbeitskosten und variable Maschinenkosten an, wenn man alles selbst macht. Gegebenenfalls sind Fremdleistungen zu berücksichtigen.

 

Einnahmen

 

Die Einnahmen in den jeweiligen Jahren setzen sich zusammen aus den zu erwartenden Erträgen und Erlösen. Etwas Hellseherei lässt sich hier nicht vermeiden, da man entscheiden muss, welcher Erlös und Ertrag für die kommenden Jahre angesetzt werden soll.

 

Zinsansatz

 

Die Investition in die Himbeeranlage samt Überdachung bindet Kapital. Dieses Kapital hätte alternativ verwendet werden können, zum Beispiel als Kapitalanlage bei einer Bank. Dort hätte das Kapital Zinserträge erwirtschaftet. Diese Zinserträge soll auch die Himbeeranlage liefern. Deshalb macht man diesen Zinsansatz.

 

Lohnansatz

 

Im Gegensatz zu den fest angestellten Arbeitskräften und den Saisonarbeitskräften erhalten die Familienarbeitskräfte keinen Lohn ausgezahlt. Sie beziehen ihren Lebensunterhalt aus dem Gewinn des Unternehmens. Wenn sie in gleicher Funktion (z. B. Betriebsleiter) in einem anderen Untenehmen beschäftigt wären, würden sie aber einen bestimmten Lohn erhalten. Dies muss ihre Arbeit im eigenen Unternehmen auch wert sein. Deshalb wir dieser Lohn“ansatz“ gemacht.

 

 

Hinweise zur Verwendung der EXCEL- Tabelle

 

Zunächst müssen die Grunddaten in die obere Tabelle eingetragen werden (gelbe Felder). Dabei sind die verwendeten Einheiten zu beachten (z. B. €/ ha, Stunden/ ha).

 

Anschließend sind in der unteren Tabelle noch die einmaligen Kosten einzutragen(gelbe Felder). Ganz oben, im Jahr 0, steht die Investitionssumme für die komplette Erstellung der Anlage, sowie die dafür benötigten Familien- und Saison- Akh. Weitere Kosten, die nur in bestimmten Jahren auftreten, sind in der Spalte „Ausgaben einmalig“ zu ergänzen (z. B. Kosten für den Ersatz der Folie).

 

Das 1. Jahr bezeichnet das Pflanzjahr, im 2. Jahr wird von einem zunehmenden Ertrag ausgegangen. Die Werte für die entsprechenden variablen Kosten, die Familien- Akh und die Saison- Akh sind hier einzutragen.

 

Ab dem 3. Jahr soll die Anlage im Vollertrag sein. Für diese Jahre werden die Werte für die variablen Kosten, sowie die Familien- und Saison- Akh über entsprechend hinterlegte Formeln aus der oberen Tabelle übernommen. Im 8. Jahr wird die Anlage wieder gerodet, die erste Umtriebszeit der Himbeeren ist vorbei. Im darauffolgenden 9. Jahr wird wieder neu angelegt und die zweite Umtriebszeit beginnt.

 

Die Berechnungen sind für eine Nutzungsdauer der Himbeeranlage von insgesamt 8 Jahren ausgelegt. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass die Nutzungsdauer der Überdachung doppelt so lange ist als die der Himbeeranlage. Das heißt unter der Überdachung können zwei Umtriebszeiten Himbeeren nacheinander angebaut werden (mit der Hoffnung, dass keine Nachbauprobleme auftreten).

 

Als Ergebnis wird aus diesen Tabellen ein Kapitalwert der Investition und ein Investitionswert errechnet. Ist der Kapitalwert positiv, dann ist die Anlage rentabel.

 

Hier eine Beispielskalkulation als Download

 

 

Die Methode

 

Zur Darstellung der Wirtschaftlichkeit einer Investition wird hier die Kapitalwertmethode eingesetzt.

 

Dabei wird die Investition „Himbeeranlage mit Überdachung“ im Prinzip verglichen mit der Anlage des gleichen Geldbetrags auf der Bank mit einer bestimmten Verzinsung. Nur ist die Geldanlage auf der Bank viel einfacher darstellbar. Man hat zum Zeitpunkt 0 einen bestimmten Geldbetrag, den man über einen gegebenen Zeitraum und zu einem gegebenen Zinssatz anlegt.

 

Investiert man den gleichen Geldbetrag aber in eine Himbeeranlage unter Überdachung wird es viel komplizierter. In den ersten Jahren hat man bei der Dauerkultur keinen oder nur wenig Ertrag und damit Geldrückfluss. Man muss sogar noch weitere Gelder für die Erstellung und Bewirtschaftung der Himbeeranlage aufbringen. Auch wenn man die Vollertragsphase erreicht hat, fallen Bewirtschaftungskosten an. Am Ende der Standzeit der Anlage müssen noch zusätzliche Kosten für die Rodung der Anlage vorgesehen werden. Dem gegenüber stehen die Erlöse aus dem Verkauf der Himbeeren. Das heißt über die Jahre hat man einen teilweise schwankenden Geldstrom. Damit muss das eingesetzte Kapital zurückgewonnen und verzinst werden. Um einen Vergleich mit dem Sparkonto zu ermöglichen muss dieser Geldstrom auf den Zeitpunkt 0 abgezinst werden.

 

Abzinsen ist ein finanzmathematischer Begriff und heißt, man errechnet welchen Wert ein erst in der Zukunft fälliger Betrag bereits heute in der Gegenwart hat. In anderen Worten, „was müsste ich heute einzahlen, wenn ich nach einer bestimmten Zahl von Jahren einen bestimmten Betrag abheben will“. Die jährlich anfallenden Überschüsse der Himbeeranlage entsprechen dabei diesem Betrag, den ich in Zukunft abheben will. Im Schaubild 1 sind diese Vorgänge schematisch dargestellt.

 

 

Schaubild 1: Schematische Darstellung der Kapitalwertmethode

 

Die Investition ist rentabel, wenn durch die über die Jahre anfallenden Überschüsse das eingesetzte Kapital zurückgewonnen wird und eine höhere Verzinsung erreicht wird als bei der Bank, das heißt der Kapitalwert größer Null ist.

 

 

Für Fragen an den Autor:

Tel.: 07134 504 135

e- mail: uwe.michelfelder@lvwo.bwl.de

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